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19. April 2024

Kulturtipps
Hölle und Paradies. Amsterdam, Querido und die deutsche Exilliteratur
Ausstellung im Deutschen Buch- und Schriftmuseum, Leipzig

»Amsterdam: was für eine schöne, unverwechselbare Stadt! Sie wurde zur Zuflucht, sie lässt uns arbeiten.« Wie viele Schriftsteller:innen flüchtete Klaus Mann vor den Nationalsozialisten aus Deutschland und fand in den Niederlanden eine neue geistige Heimat: Amsterdam, Keizersgracht 333.

Als Emanuel Querido dort 1915 einen Verlag für Literatur gründete, ahnte er nicht, dass sein Haus nur zwanzig Jahre später ein Zufluchtsort der literarischen Emigration werden würde. Zwischen 1933 und 1950 veröffentlichte der Querido Verlag unter der Regie des aus Deutschland vertriebenen Verlegers Fritz H. Landshoff über hundert Bücher deutschsprachiger Schriftsteller:innen, die sich in ganz Europa und Übersee auf der Flucht vor den Nazis befanden. Bei Querido konnte Klaus Mann die literarische Monatsschrift »Die Sammlung« herausgeben – seit 1933 ein bedeutendes Sprachrohr im Kampf gegen Hitler-Deutschland. Auch sein Roman »Mephisto« erschien 1936 in Amsterdam. Das letzte Buch des Exilverlags war 1950 bezeichnenderweise der Sammelband »Klaus Mann zum Gedenken«, in dem sich noch einmal die wichtigsten Weggefährt:innen der Emigration zu Wort meldeten.

Die Ausstellung »Hölle und Paradies« im Leipziger Buch- und Schriftmuseum erzählt die Geschichte des deutschen Querido Verlags und der Menschen, die ihn prägten. Sie porträtiert die Verleger Emanuel Querido und Fritz H. Landshoff ebenso wie die Querido-Autor:innen mit ihren Texten und Lebensläufen, darunter Klaus Mann, Anna Seghers, Irmgard Keun, Vicki Baum, Lion Feuchtwanger und Joseph Roth. Für sie war der Querido Verlag ein Paradies, in dem sie ihre Bücher in guten Händen wussten. Und trotzdem empfanden sie die Existenz außerhalb Deutschlands oftmals als Hölle, weil das Gefühl der Ausweglosigkeit das Leben beherrschte. Wie sollte man außerhalb des Landes, in dessen Sprache man schrieb, existieren? Wie sollte man Gehör finden? Die im Namen der Ausstellung »Paradies und Hölle« angedeutete Ambivalenz prägte das literarische Exil und wurde für manchen zur existentiellen Bedrohung. Joseph Roth ging daran zugrunde. Er starb 1939 in Paris. Klaus Mann nahm sich 1949 in Cannes das Leben. Anna Seghers flüchtete vor den Nazis bis nach Mexiko. Lion Feuchtwanger und Vicki Baum verschlug es nach Kalifornien, während Irmgard Keun die Verfolgung durch die Nationalsozialisten mit falschen Papieren in der Illegalität überlebte. Die Ausstellung spürt diesen Verwicklungen im Spannungsfeld zwischen alter und neuer Heimat, zwischen Anpassung und Isolation, Erfolg und Scheitern, Ausgeschlossensein und Ankommen nach – und ist damit aktueller denn je. (Text: BvB)

Hölle und Paradies. Amsterdam, Querido und die deutsche Exilliteratur
20. März 2024 bis 12. Januar 2025
Deutsches Buch- und Schriftmuseum, Leipzig

Begleitpublikation:
Bettina Baltschev,  Hölle und Paradies: Amsterdam, Querido und die deutsche Exilliteratur. Berlin, Berenberg Verlag

Weitere Informationen im Internet unter → https://www.dnb.de/DE/Kulturell/QueridoExilDbsm/querido_node.html

 

 

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