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1. Mai 2025
„Der verschlossene Garten. Zugänge zur Klosterbibliothek der Zisterzienserinnen von St. Marienthal“: eine Ausstellung in der Sächsischen Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, bis 17. Mai 2025
Es war eine Rettung in letzter Minute: Nach langwierigen Verhandlungen konnte 2023 ein bedeutendes Stück Kulturgeschichte dauerhaft gesichert werden. Die Klosterbibliothek von St. Marienthal, über Jahrhunderte gewachsen und weitgehend geschlossen erhalten, ging in den Besitz der Sächsischen Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden (SLUB) über. Der Freistaat Sachsen hatte die Bibliothek mithilfe der Ernst von Siemens Kunststiftung erworben.
Erstmals wird nun ein großer Teil dieser einzigartigen Sammlung öffentlich präsentiert. Der Titel der Ausstellung „Der verschlossene Garten. Zugänge zur Klosterbibliothek der Zisterzienserinnen von St. Marienthal“ ist Programm: Was sonst nur Ordensangehörigen im abgeschlossenen Klausurbereich des Klosters zugänglich war, wird für Besucher*innen sichtbar. Mittelalterliche Handschriften, Inkunabeln, alte Drucke und Urkunden dokumentieren klösterliches Leben, Spiritualität und Bildung über Jahrhunderte hinweg. Sie veranschaulichen eindrucksvoll, dass Bibliotheken nicht nur als Hort des Glaubens, sondern auch als Bewahrer von Wissen und kultureller Identität eine unverzichtbare Rolle spielten.
Ein Ort der Kontinuität und des geistigen Lebens
St. Marienthal, idyllisch gelegen zwischen Görtlitz und Zittau, ist nicht nur das älteste durchgängig bestehende Zisterzienserinnenkloster Deutschlands – es ist auch ein lebendiges Zeugnis klösterlicher Bildungstradition. Seit seiner Gründung im Jahr 1234 durch Kunigunde von Böhmen leben und wirken hier Ordensfrauen, deren geistliches Leben eng mit der Pflege von Schrift, Liturgie und Wissen verbunden ist. Die Bibliothek war über Jahrhunderte Zentrum und Spiegel dieser Kultur.
Dass das Kloster kein eigenes Skriptorium betrieb, macht den Buchbestand umso interessanter: Viele der erhaltenen Handschriften wurden gezielt erworben oder aus anderen Klöstern übernommen. Der Bestand erzählt somit auch von klösterlichen Netzwerken, von geistigem Austausch und von dem Bestreben, trotz aller äußeren Krisen – Teile der Sammlung wurden im Lauf der Geschichte mehrfach vernichtet – das geistige Fundament des Klosters zu bewahren.
Eine Bibliothek als Zeitkapsel
Für Buchliebhaber eröffnet sich mit der Marienthaler Sammlung ein faszinierendes Panorama klösterlicher Buchkultur. Auch das lange als verschollen geltende Altzeller Kapiteloffiziumsbuch und der berühmte St. Marienthaler Psalter werden gezeigt. Der ‚St. Marienthaler Psalter‘ gehört zu den wenigen Luxus-Psalterien für die hochadlige Elite, die sich aus dem 13. Jahrhundert für Deutschland erhalten haben. Der reich mit Buchmalerei verzierte Privatpsalter entstand wohl um 1220–1230 in Franken für eine adlige Dame. Zur kostbaren Ausschmückung in Deckfarbenmalerei und Gold gehören sieben ganzseitige Miniaturen, zwölf einleitende Kalendertafeln mit illustrierenden Medaillons sowie aufwendig gestaltete Initialen am Beginn einzelner Psalmen.
Acht noch erhaltene liturgische Handschriften aus dem 12. bis 15. Jahrhundert entsprechen dem zisterziensischen Ritus, der von Anfang an in allen Klöstern des Ordens einheitlich sein sollte. Nachträge, Überklebungen und eingelegte Blätter zeigen, dass die Handschriften bis ins 18. Jahrhundert benutzt wurden.
Weitere Informationen: www.slub-dresden.de
(Text: AB)
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