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18. Oktober 2024
Das Billy-Regal ist ein Standard. Die meisten meiner Regale sind Billys, aber die »schönen« Bücher stehen hier nicht. Das fühlt sich irgendwie nicht richtig an, denn sie sind keine Gebrauchsbücher, keine Bücher zum Lesen, sondern eben zum Sammeln. Fast so wie das biedere »gute Geschirr« früher im Wohnzimmerschrank und nicht in der Küche aufbewahrt wurde.
Sammelobjekte erfordern eine bestimmte Präsentation oder zumindest Aufbewahrung. Hinter ihnen steht der Wunsch, sie zu erhalten und zu zeigen – anders als bei einem Reclam-Studienexemplar, das massiv von seinen Besitzer*innen verändert und eben nicht erhalten wird. Meine »schönen« Bücher stehen deshalb in einer Vitrine.
Ob mit Schiebetüren, Zierleisten, antik, gebraucht, neu, zierlich, wuchtig: Eine Vitrine ist ein Möbelstück, das sowohl schützt als auch präsentiert und damit eigentlich prädestiniert ist für eine Sammlung. Aber in einer Vitrine aus glänzenden Metallstangen und Glas sehen Ledereinbände merkwürdig steril aus. Teuer und wortwörtlich unantastbar, ausgestellt und entrückt. Vielleicht ein Messestandard, aber für die Privatsammlung ein merkwürdiges Ambiente.
Ein anderes Extrem der Bücherpräsentation sind mit alten Regalen ausgestattete Antiquariate. Durch die Möblierung laden sie in eine Welt ein, die gemeinhin mit alten Büchern verbunden wird: die historische Privatbibliothek, die denkmalgeschützte Universitätsbibliothek und eine Bildungsbürgerelite eines vergangenen Jahrhunderts – und doch würde man die Atmosphäre als gemütlich und einladend beschreiben. Auch die Bücherstapel im Second-Hand-Buchladen gehören zu diesem Dark-Academia-Fiebertraum.
Klar ist, dass es nicht um einen reinen Aufbewahrungsort für Bücher geht. Anders als beim Rollregal im Archiv und beim Metallregal für Akten gibt es ein Anliegen, die Wirkung der Sammelobjekte zu verändern, hervorzuheben oder gar zu verstecken. Als Selbstausdruck der Sammler*innen offenbart es viel: Ob hinter Glas oder nicht hinter Glas allein zeigt, ob die Sammelobjekte nur visuell oder auch haptisch erfahren werden sollen. Der Blick durch das meist spiegelnde Glas trübt den Blick auf das Objekt. Das einfache Regal schützt aber nicht so sehr wie eine Vitrine, und aufgeschlagen würde man Bücher hier auch eher nicht präsentieren. Aber es gibt diverse Zwischenlösungen, angefangen mit einer Vitrine, deren Türen aufgeschoben sind. Und es gibt auch Glastüren für Billy-Regale. Einen erbitterten Kampf zwischen Regal und Vitrine muss es eigentlich nicht geben.
Elisabeth Wittkowski
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