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12. November 2023
Zum zweiten Mal nun schon war ich in London, als in der historischen Chelsea Old Town Hall der ABA Chelsea Rare Book Fair veranstaltet wurde. Es gibt keine Vitrinen, dafür aber kleine Holzregale, die auf Tischen mit dunklen Tischdecken stehen. Der alte Holzboden macht Geräusche wie ein historischer Schlosssaal, und Stuck und Gold machen wett, dass es an einem verregneten Novembernachmittag draußen schon ganz dunkel ist. Die überwältigende Mehrheit der Ausstellenden sind aus England; die Londoner Antiquariate, die ohnehin schon alle auf einem Haufen sitzen, rücken hier noch einmal näher zusammen. Wo der eine Stand aufhört und der andere anfängt, bekommt man beim Büchergucken fast gar nicht mehr mit. Viele der Antiquariate kenne ich aus den sozialen Medien; hin und wieder habe ich sogar Gesichter wiedererkannt, die mir auf Instagram und Co. schon einmal etwas über Dickens oder Alice im Wunderland erklärt haben. Für mich als Liebhaberin britischer Literatur war die Messe ein kleines Schlaraffenland, wo ich einen besonderen signierten Isherwood, ein kreisrundes, drehbares Pappalphabet oder einen hübschen Dorian Gray anschauen konnte. Alles lädt zum Stöbern ein, zum In-die-Hand- Nehmen und Anschauen. Im überwiegend englischen Angebot zeigt sich aber naturgemäß auch das Grauen des Empire, das neben all dem Wohlfühl-Historismus gerne ausgeblendet wird. Vermutlich, weil ich aus Deutschland komme, fällt mir auch immer wieder auf, wie interessant sowohl nationalsozialistische Inhalte als auch britische Propaganda aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs für den englischen Markt sein müssen: Es guckt einen von manch einem prominent präsentierten Cover ein Hitlerbild an. Daneben aber fällt das große Angebot an Modern Firsts auf, denen auch eine Führung gewidmet wurde. Dicht gedrängt entwickeln die charakteristischen Coverdesigns aus den 50er bis 70er Jahren auf sprödem Papier unter schützenden Plastikfolien einen ganz eigenen Look als wertiges Bücherregal. Und hier und da werden explizit Autorinnen in den Fokus gerückt Dieser dennoch gar nicht so moderne Antiquariatsmarkt ist ein besonderes Erlebnis. Mit zwei neuen kleinen viktorianischen Weihnachtskärtchen ausgestattet habe ich schließlich Chelsea verlassen.
Elisabeth Wittkowski
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