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26. März 2024

#ElliSammelt
»Eine Verdinglichung von mir nach außen«
Über das Sammeln sprechen

Sammelnde Menschen wissen, wie wichtig ihre Sammlung für sie ist. Zum Beispiel allein dadurch, dass sich die Sammlungen in der Regel in den eigenen Wohnräumen befindet. Sie sind Selbstausdruck. Meine Sammlung umgibt mich und bestimmt mein Gefühl von ‚zuhause‘. Ist das nur mein individuelles, persönliches Empfinden oder kann es verallgemeinert werden?

Vor ein paar Wochen habe ich Nadine Thomas, eine Kommilitonin aus dem Kunststudium, über das Sammeln reden gehört. Sie sagte etwas Ähnliches: »Ich bin umgeben von Dingen, die ich schön und wichtig finde; dann fühle ich mich wohler.« Sie sammelt Kitsch und ihre Faszination für den gesammelten Nippes ist äußerst existenziell. Weiter meinte sie: »Das Sammeln ist wie ein Beweis: Ja, ich existiere.« Das Sammeln bekommt die Qualität einer philosophischen Selbsterkenntnis: »Sammeln ist eine Verdinglichung von mir nach außen«, sagte sie.

Die materielle Qualität von Sammlungen ist also sehr wichtig. Das Ich, das da verdinglicht wird, kommt allerdings nicht in dem einzelnen Objekt zum Ausdruck, sondern in der gesammelten Menge und wie ich die Gegenstände anordne, also in der Sammeltätigkeit. Dabei schmoren insbesondere Büchersammler*innen nicht in ihrem eigenen Saft, sondern umgeben sich bewusst mit Selbstäußerungen anderer, mit verschiedenen Sprachen, Jahrhunderten, Kulturen, Stilen – der ganzen Vielfalt der Bücher. Eigentlich ist das paradox: der sichere Kokon der Regale, der Rückzugsort in der Sammlung, ist auch Ausdruck eines Nach-Außen-Gewandtseins. Diese Spannung zu nutzen, statt vor ihr zu kapitulieren, ist vielleicht eine große Aufgabe des Sammelns. Über die Sammlung zu sprechen, ist da sicher ein Anfang.

Elisabeth Wittkowski

 

 

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