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19. Mai 2023

#ElliSammelt
Da muss ich hin
Was ein Antiquariat zum Traumantiquariat macht

Vor kurzem wurde ich gefragt, wie ich mir mein Traumantiquariat vorstelle. Klar – ideale Innenstadtlage, gut erhaltener Altbau, am besten ein Familienunternehmen seit mindestens 1764, ein kleines Glöckchen, das beim Eintreten klingelt. Aber das trifft es eigentlich nicht. Die Ästhetik eines historischen Gebäudes und die Romantik eines alten, kleinen Unternehmens sind zwar schön, aber sind nicht ausschließliches Merkmal meines ‚Traumantiquariats‘.

Ganz egoistisch könnte ich mir jetzt ein Antiquariat wünschen, das sich auf meine Sammelgebiete spezialisiert hat: gute Beratung und faire Preise im An- und Verkauf inklusive. Aber dann könnte ich weder gänzlich unbekannte Bücher noch Menschen kennenlernen, die mir ganz neue Perspektiven eröffnen könnten. Deshalb wünsche ich mir sichtbare Vielfalt: in den gut sortierten Regalen und bei den Mitarbeitenden. Eine Ecke für Aktuelles, die sich so oft ändert, dass ich immer wieder komme – ein paar hübsche Science-Fiction-Ausgaben, wenn gerade Frank Herberts Dune verfilmt wird, aktivistische Schriften aus der Geschichte der Bonner Republik, wenn Aktivist*innen der Letzten Generation auf der Straße kleben, irgendwas über Tennessee und die amerikanische Musikindustrie, wenn Taylor Swift in der Nähe auftritt. Eine Vitrine für kostbare Raritäten, wenn ich mir die auch eher anschauen würde als kaufen könnte, draußen eine Grabbelkiste mit ramponierten Leseexemplaren. Am besten wäre die Tür immer offen, damit man weiß, dass man auch wirklich reinkommen darf. Ich würde gerne hören, wofür sich die Antiquar*innen selbst interessieren: bei gemütlichen Vorträgen, in den sozialen Medien, im Laden. In meinem Traumantiquariat könnte ich natürlich auch schamlos die dümmsten Fragen stellen. Kein Sammelthema wäre zu populär, zu schräg, zu abwegig oder modern, um nicht ernst genommen zu werden. Und zu meinem Buch hätte ich gerne ein nettes Lesezeichen oder einen bedruckten Jutebeutel, auf dem das Antiquariat (seit 1764 für Sie am Altstadtmarkt) abgebildet ist, danke nochmal und auf Wiedersehen!

Elisabeth Wittkowski

 

 

 

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