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16. Januar 2023

Von Antiquaren und Sammlern

... Dr. Aurelio Fichter

Wenn die Bilder digital werden. Kunsthandel und Antiquariat befinden sich im Wandel.  Im Gespräch mit Barbara van Benthem und Sibylle Wieduwilt gibt Dr. Aurelio Fichter Auskunft über die Besonderheiten des Handels mit Zeichnungen und Aquarellen im digitalen Zeitalter. Angetroffen haben wir unseren Gesprächspartner in den repräsentativen Geschäftsräumen der Galerie im Frankfurter Westend.

Herr Fichter, Sie sind Inhaber der Firma H. W. Fichter Kunsthandel. Seit wann gibt es die Firma und was ist deren Schwerpunkt?
Die Firma existiert seit 1985. Im Zentrum stehen Kunstwerke der deutschen Romantik mit besonderem Fokus auf Zeichnungen, Aquarellen, Ölskizzen und Druckgraphiken.

Was ist das Faszinierende an der Arbeit mit Originalzeichnungen?
Die unglaubliche Bandbreite künstlerischer Ausdrucksmöglichkeiten fasziniert mich immer wieder aufs Neue: von der schnellen Skizze mit wenigen Strichen über mehrfach durchgearbeitete Kompositionsstudien bis hin zu autonomen und den Gemälden gleichberechtigten Kunstwerken.

Der Kunsthandel war lange Zeit nicht so stark auf das Internet fixiert wie der Antiquariatsbuchhandel. Hat sich das geändert?
Die Entwicklung hin zu Präsentation und Verkauf über das Internet war schon vor der Pandemie spürbar und ist spätestens seitdem zum integralen Bestandteil des täglichen Kunsthandels geworden. Sowohl auf die vielen neuen internationalen Kunden als auch auf die neuen und spannenden Präsentationsmöglichkeiten mit Videos, digitalen Rundgängen und anderen Vermittlungsformen wollen wir nicht mehr verzichten.

Wie wichtig ist für Sie das Erstellen und der Versand von Katalogen?
Kataloge sind für uns weiterhin wichtiger Bestandteil der Kundenbindung. Die gründliche und wissenschaftliche Aufarbeitung der Kunstwerke durch die Katalogtexte ist zudem der Kern des Kunsthandels wie wir ihn verstehen.

Nehmen Sie an internationalen Messen teil und wenn ja, warum?
Wir nehmen hauptsächlich an Messen in Deutschland teil. Den Kontakt zu unseren internationalen Kunden halten wir durch unsere Kataloge, das Internetangebot und den persönlichen Austausch.

Sie handeln in erster Linie mit Originalzeichnungen. Wie wichtig ist in diesem Bereich die Provenienzforschung?
Die Provenienz war schon immer signifikanter Bestandteil des Verkaufs von Kunstwerken, ist aber seit dem neuen Kulturgutschutzgesetz wesentlich präsenter im Alltag des Kunsthandels. Die Digitalisierung bietet heute zahllose Möglichkeiten, den Verbleib von Kunstwerken auch über die Zeit des Nationalsozialismus hinaus nachzuvollziehen. Digitalisate alter Auktions- und Handelskataloge ermöglichen es oftmals, die Provenienz eines Kunstwerks über viele Jahrzehnte, manchmal sogar Jahrhunderte, hinweg zu verfolgen.

Sie sind Mitglied im Verband Deutscher Antiquare. Wo sehen Sie die Schnittstellen zwischen Kunsthandel und Antiquariat?
Zwischen dem Antiquariat und dem Handel mit Kunst auf Papier gibt es seit jeher eine starke Affinität. Uns beschäftigen dieselben Probleme wie Provenienzforschung, Markteingriffe durch die Regierung und die Konkurrenzfähigkeit des deutschen Kunst- und Antiquariatsmarktes im internationalen Vergleich. Darüber hinaus sind Sammler für Zeichnungen oft auch begeisterte Büchersammler und umgekehrt. Hier gibt es auf Seiten der Sammlerschaft oft mehr Schnittstellen als mit anderen Kunstrichtungen.

Was kann der Verband für Sie tun und wo sehen Sie dessen Aufgaben?
Für uns ist der Verband ein zentrales Verbindungsorgan zur Politik und der aktuellen Rechtsprechung, die unseren Handelsbereich betrifft. Darüber hinaus ist ein starker Verband wichtig, um die Interessen der Händler zu vertreten und ihnen eine gemeinsame Stimme zu verleihen. Die Ausrichtung der berühmten und traditionsreichen Stuttgarter Antiquariatsmesse ist außerdem jedes Jahr ein Highlight für uns, um Kollegen und Sammler zu treffen.

Welches Buch sollte ein Antiquar/Kunsthändler unbedingt lesen oder gelesen haben?
Stefan Zweigs Die unsichtbare Sammlung. Es ist eine schmale Novelle, aber mir ist noch keine Geschichte untergekommen, die auf solch eindrückliche Weise die Seele und Beweggründe eines Sammlers schildert.

Was machen Sie, wenn Sie keine Zeichnung oder kein Buch zur Hand haben?
Schlafen.

 

ZUR PERSON

Studium der Kunstgeschichte an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main. Promotion zum Thema: »Schrift und Bild bei Kurt Schwitters. Zum Problem der reinen Form.« Seit dem Jahr 2000 im Kunsthandel tätig. Seit 2008 Mitglied im Verband Deutscher Antiquare.

H.W. Fichter Kunsthandel e.K.
Arndtstr. 49
60325 Frankfurt
Tel: 069-74389030
→ info[at]fichterart[dot]de
→ www.fichterart.de

 

 

 

 

 

Verband Deutscher Antiquare e.V.

Geschäftsstelle: Norbert Munsch
Seeblick 1, 56459 Elbingen
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Fax +49 (0)6435 909148
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