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30. November 2022

Von Antiquaren und Sammlern

... Karl Klittich

Auf ihrer Reise zu Sammlern und Antiquaren sind Sibylle Wieduwilt und Barbara van Benthem in Braunschweig in einem echten »Mehrgenerationenantiquariat« zu Gast. Was früher eine Selbstverständlichkeit war – ein Antiquariat in zweiter, dritter oder gar vierter Generation – ist eine Seltenheit geworden. Viele der großen Familienbetriebe sind verschwunden, die meisten heutigen Antiquare sind »One Man Shows« oder »One Woman Shows«. Im Gespräch mit Dr. Karl Klittich geht es um den Alltag im Familienbetrieb zwischen Tradition und Erneuerung und um die Tatsache, dass jede Generation von Antiquaren ihre eigenen Patentrezepte entwickeln muss.

Wie und warum sind Sie, als promovierter Kunsthistoriker / Historiker, Antiquar geworden?
Eigentlich und uneigentlich ist das eben nun mal so, wenn man als Einzelkind in einem Familienbetrieb groß wird, da ist man automatisch dabei. Der Wunsch einmal etwas mit Büchern zu machen war schon immer da und ich habe ja auch schon immer im Antiquariat mitgewirkt. Begonnen hat alles einmal mit vorbereitenden Arbeiten zur Buchaufnahme (kollationieren), Vorrecherche zu Aufnahmen oder das Studium von Auktionskatalogen zum Abgleich mit der Suchkartei – es gab immer was zu tun und zu dieser Zeit gab es noch kein Internet, alles lief analog und händisch. Nach meinem Studienabschluss hatte ich einen Wechsel in die Materialforschung / Papierrestaurierung geplant, aber der Anreiz wieder zuhause tätig zu sein und den Aufbau des neuen Spezialgebietes »Schach« voranzutreiben hat dann den Ausschlag gegeben.

Wie stellt sich der Alltag in einem Mehrgenerationenantiquariat dar?
In einen »Mehrgenerationenantiquariat« gibt es niemals Routine, denn jede Generation verfügt über ihr eigenes Fachwissen, das eng verbunden ist mit persönlichen Erfahrungen / Erlebnissen. Auf dieser Basis und mit dem zur Verfügung stehenden Fachwissen (Erfahrungen) kann man nun versuchen den eigenen Betriebsablauf zielführend zu gestalten. Es kommt ganz klar immer wieder zu kleineren oder mittelschweren »Reibungspunkten«, denn nicht immer lassen sich gute und zufriedenstellende Kompromisse erzielen, das macht die Zusammenarbeit spannend und bringt jeden Beteiligten immer wieder dazu »geistig« mitzuarbeiten, denn die Firma mit ihren Spezialgebieten muss ständig bereit sein für Fragen von Kunden und Besuchern. Diese erwarten immer zielführende Auskünfte, Recherchen und Hinweise auf Fachliteratur, sie wünschen Beratung bei Verkäufen oder Zukäufen und manchmal suchen sie auch unseren verbindlichen Rat bei vermittelnden Gesprächen mit Familienmitgliedern, denn auch in Sammlerfamilien gibt es zuweilen »Reibungspunkte«. Da ist es schon hilfreich, wenn man die Gefühlslage der verschiedenen Generationen einschätzen kann.

Ihre Firma betreibt ein Antiquariat und ein Auktionshaus. Wie lassen sich beide Konzepte nebeneinander erfolgreich fortführen?
Das Antiquariat A. Klittich–Pfankuch war eigentlich ein verträumter analoger Ort zum Bücher ansehen, zum Verweilen und zum Kauf und Verkauf von Büchern. Der Wandel der Zeit und vielschichtige wirtschaftliche Notwendigkeiten haben uns zum Versteigerungsgeschäft gebracht. Ab den 1980er Jahren wurde es für uns immer schwieriger Sammlungen oder große Buchbestände zu erwerben. Sammler und Erben überließen immer häufiger ihre »Schätze« den etablierten Auktionshäusern der Zeit. Aus diesem Grund und weil wir es als Chance gesehen haben Sammlungen vermarkten zu können, betreiben wir nun ein Auktionshaus. Das gibt uns Gelegenheit weiterhin mit Büchern und anderen Sammlungsgegenständen zu arbeiten und am Puls der Zeit zu bleiben. Das Antiquariatsgeschäft ist und bleibt aber der Impuls- und Ideengeber des Unternehmens.

Das Antiquariat Klittich-Pfankuch nimmt schon seit Jahrzehnten an der Antiquariatsmesse Stuttgart teil. Wie wichtig war und ist für Sie die Teilnahme?
Die Teilnahme an der »Stuttgarter Messe« ist für uns immer schon ein willkommener Anlass gewesen einmal die Kollegen und ihr Angebot zu sehen (Kataloge sind eben nicht alles) und der persönliche Kontakt zu unseren Kunden und Sammlerfreunden steht dabei immer maßgeblich im Vordergrund.

Kulturgutschutzgesetz, Verpackungsverordnung, Mehrwertsteuerregelungen für Verkäufe innerhalb der EU, etc. sind in aller Munde. Hat sich Ihre Arbeit durch diese zahlreichen Gesetzesänderungen und Verordnungen verändert und wenn ja inwieweit?
Der Dschungel der Bürokratie wird immer undurchdringlicher und kostet mich immer mehr Zeit, insbesondere die Vorbereitung und Umsetzung. Kurz gesagt – es hält mich vom eigentlichen und wesentlichen Teil meiner Arbeit ab und macht mir weder Spaß noch Freude.

Kann der Verband, dessen langjähriges Mitglied Sie sind, hier etwas für Sie tun?
Die Informationen des Verbandes VDA und die anderen mir zugänglichen Quellen (BDK und BVS) ergeben immer ein Gesamtbild, aber einarbeiten in das jeweilige Thema muss ich mich selbst und bei vertiefenden Fragen hat die Geschäftsstelle mit Herrn Munsch immer noch eine Zusatzinfo parat, die mir bisher immer weitergeholfen hat.

Welches Buch sollte ein Antiquar unbedingt lesen oder gelesen haben?
Ich verzichte an dieser Stelle auf die traditionellen Buch- und Lesetipps und nenne meine beiden Lieblingsbücher, von denen ich glaube, dass sie auf alle Fälle lesenswert sind: John Carter und Percy H.Muir (Hrsg.); Bücher die die Welt verändern; Darmstadt, Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 1969 und für die stillen Stunden des Lebens: Robert Frost; Promises to Keep; Poems, Gedichte. Hrsg. u. übertragen von Lars Vollert; München C. H. Beck, 2016.

Was machen Sie, wenn kein Buch in der Nähe ist?
Kein Buch zur Hand ... die Langeweile wird trotzdem nicht ausbrechen, denn ich gehe gerne ins Kino und sehe mir Filme an, das beflügelt die Phantasie und bringt neue Ideen, ... doch am schönsten ist immer noch der Aufenthalt im Garten meines Vaters auf einem kleinen Bänkchen neben der Rotbuche, im Sommer mit einem kühlen Getränk und an kalten Tagen eben mit einem Heißgetränk (manchmal auch mit Schuss).

 

ZUR PERSON
Dr. Karl Klittich wurde 1963 in Braunschweig geboren. Nach dem Abitur 1984 studierte er Kunstgeschichte und Geschichte, zunächst an der TU Braunschweig, dann an der Universität des Saarlandes. Im April 1996 folgte  die Promotion bei Professor Lorenz Dittmann mit einer Arbeit über »Das Kunstwerk als historische Quelle, an Beispielen aus dem Braunschweigischen Landesmuseum«. Neben der Schule, dem Studium und in den Semesterferien arbeitete Karl Klittich schon  immer im Antiquariat A. Klittich-Pfankuch. Im Juni 1996 stieg er in Vollzeit in das Geschäft seiner Eltern als Antiquar und Auktionator ein. Seit 2001 ist er von der IHK Braunschweig öffentlich bestellter und vereidigter Versteigerer insbesondere für antiquarische Objekte des Buchhandels (Bücher, Graphik und Autographen).

Antiquariat A. Klittich-Pfankuch GmbH + Co.
Theaterwall 17
38100 Braunschweig
Telefon +49 (0)531 24 28 80
antiquariat[at]klittich-pfankuch[dot]de
https://klittich-pfankuch.de

 

 

Verband Deutscher Antiquare e.V.

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