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27. März 2023
Ladengeschäft, Kataloge, Onlineangebote, Messen und die Ausbildung von jungen Antiquaren. Wie funktioniert ein Antiquariat in einer mittelgroßen Stadt? Barbara van Benthem und Sibylle Wieduwilt sind diesmal nach Karlsruhe gefahren, um mit Thomas Haufe vom Antiquariat Haufe & Lutz zu sprechen, der soeben einen umfangreichen Fotografie-Katalog mit mehr als 850 Nummern veröffentlicht hat. Den Katalog gibt es auf der Website des Karlsruher Antiquariates, das Interview mit Thomas Haufe können Sie hier nachlesen.
Etwas, das uns immer wieder interessiert: Wie und warum bist Du Antiquar geworden?
Noch während meines Studiums habe ich zusammen mit Andreas Lutz (1964–2006) in Vaihingen an der Enz unser Antiquariat gegründet. Angeregt durch einen Deutschlehrer, der eine umfangreiche Bibliothek besaß, habe ich viele Werke der Weltliteratur gelesen und war von schön ausgestatteten alten Büchern fasziniert, die im Schaufenster eines Stuttgarter Antiquariats ausgestellt waren.
Viele Antiquare sind in den letzten Jahren aus den Innenstädten verschwunden. Du betreibst seit vielen Jahren ein Ladengeschäft in Karlsruhe. Wie wichtig ist das für Dich?
Die Eröffnung eines Ladengeschäfts 1993 in Karlsruhe war eigentlich nicht geplant, da wir bis dahin als Versand-Antiquariat gearbeitet haben. Auch wenn der Vertrieb heute über das Ladengeschäft eine geringe Rolle spielt, ist die persönliche Begegnung und die Ankaufs-Möglichkeit noch immer wichtig. In den letzten Jahren kommen zunehmend Bücherliebhaber jüngerer Generationen in den Laden.
Gibt es noch andere Vertriebsformen die Du nutzt? Und wenn ja, inwieweit hat sich die Gewichtung zwischen den unterschiedlichen Formen in den letzten Jahren verändert?
Natürlich ist auch bei uns der Vertrieb über die Internet-Plattformen sehr wichtig. Von Anfang an haben wir aber auch regelmäßig Kataloge veröffentlicht und an vielen Büchermärkten und Messen im In- und Ausland teilgenommen. Seit 2019 spielen auch unsere monatlich erscheinenden Online-Kataloge eine wichtige Rolle. Daneben sind Kataloge zu Themenbereichen, wie Kinder- und Jugendbücher und Photographie unsere wichtigste Vertriebsform.
Nutzt Du die sozialen Medien um zum Beispiel jüngere Kunden zu erreichen?
Nein, aber wie bereits erwähnt ist ein zunehmendes Interesse an schönen Büchern jüngerer Kunden im Ladengeschäft und auf Büchermärkten feststellbar. Auch zeigt z.B. die Preissteigerung bei Dokumenten zur Pop-Kultur der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts auf internationalen Auktionen ein gestiegenes Interesse jüngerer Sammler.
Du bist einer der ganz wenigen Kollegen, die regelmäßig junge Menschen in ihrem Antiquariat ausbilden? Warum, denkst Du, ist das wichtig?
Bis zum Tod von Andreas Lutz 2006 haben wir regelmäßig Antiquariats-Buchhändler und Büro-Kaufleute ausgebildet. In den letzten Jahren ist das leider nicht mehr möglich. Die zunehmende Unübersichtlichkeit und meist unprofessionelle Präsentation des Angebots auf den Online-Plattformen führt dazu, das die meisten Sammler und Institutionen nur noch professionell arbeitenden Antiquaren oder Auktionshäusern vertrauen. Deshalb ist eine qualifizierte Ausbildung und Fortbildungs-Angebote wie z. B. das jährliche Seminar des VDA wichtig.
Was für Qualifikationen bzw. Voraussetzungen muss man mitbringen, um bei Dir eine Ausbildung machen zu können?
Eigentlich nur die Qualifikation für eine kaufmännische Ausbildung.
Was ist aus den Auszubildenden geworden?
Meine beiden Mitarbeiter Jacob Volk und Simon Wahlich wurden von mir ausgebildet. Jedoch arbeitet keiner unserer früheren Auszubildenden heute im Buchhandel.
Du bist auch bereits seit 20 Jahren Aussteller auf der Antiquariatsmesse Stuttgart. Wie wichtig ist für Dich die Teilnahme daran?
Die Jahre der Pandemie haben gezeigt, dass die persönliche Begegnung mit Sammlern, Vertretern von Institutionen und Kollegen auf der Messe auch für den Erfolg wichtig ist. Neben den Katalogen war die Teilnahme an Büchermärkten und Messen für uns immer die wichtigste Vertriebsform.
Was würdest Du Dir für die Zukunft der Messe wünschen?
Eine größere Teilnehmerzahl, besonders auch von internationalen Ausstellern. Auch begleitende Veranstaltungen, wie z. B. Ausstellungen und ein guter Internet-Auftritt mit Online-Angebot (»virtuelle Messe«) tragen sicher zum Erfolg der Messe bei.
Zum Schluss zwei Fragen, die wir allen Interviewpartnern stellen:
Welches Buch sollte ein Antiquar unbedingt gelesen haben?
»Die Saga von den kostbaren Büchern« von H. P. Kraus (Zürich 1982). Ein abenteuerliches Leben auf der Jagd nach seltenen und schönen Büchern, zugleich ein Kapitel der Kulturgeschichte unserer Zeit.
Was tust du, wenn kein Buch, keine Handschrift und keine Graphik in der Nähe sind?
Meist nutze ich die Wochenenden zu Städtereisen, wo ich jedoch auch immer nach interessanten Büchern Ausschau halte.
ZUR PERSON
Thomas Haufe (geb. 1962): 1984–1988 Studium der Wirtschaftswissenschaften in Pforzheim. Seit 1987 selbstständiger Antiquar; seit 1999 Mitglied im Verband Deutscher Antiquare
Geschäftsstelle: Norbert Munsch
Seeblick 1, 56459 Elbingen
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