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1. August 2022
Hinter jedem Antiquariat steht ein kluger Kopf. Antiquarinnen und Antiquare versinken in Büchergebirgen und Graphikmappen, verbergen sich hinter Computerbildschirmen, Antiquariatskatalogen, Angebotslisten, Websites und Onlineshops. Man trifft sie auf Antiquariatsmessen und in ihren schönen Ladenlokalen, manchmal sogar in Krimiserien. Barbara van Benthem und Sibylle Wieduwilt haben sich auf die Reise begeben und die Kollegen des Verbandes Deutscher Antiquare für eine Reihe von Interviews besucht und mit ihnen gesprochen. Sie haben viel zu erzählen. Heute: die starke Frau im Vorstand – Elvira Tasbach
Woran arbeitet der Vorstand gerade?
Zunächst am Umgang mit der neuen Verpackungsverordnung. Wieder einmal scheint der Gesetzgeber zwar das Richtige zu wollen (wer wie etwa Amazon mit seinen Waren Millionen Verpackungen in einen lokalen Markt bringt, soll sich auch an der dortigen Verpackungsentsorgung beteiligen), aber bei der Umsetzung einer solchen Verordnung nicht an kleine Unternehmen gedacht zu haben. De facto liefern viele kleine Firmen jetzt keine Waren mehr nach Spanien, Frankreich und andere EU-Länder, weil die Anmeldekosten im dortigen System zu teuer für wenige Lieferungen sind. So wird der EU-Binnenmarkt ad absurdum geführt.
Erfreulicher ist der baldige Start der VDA-Schaufenster-Website. Wir hoffen, dass viele Kollegen und Kolleginnen daran teilnehmen werden.
Was sind die wichtigsten Aufgaben des Verbandes?
Der Verband sollte eine Interessengemeinschaft sein, d.h. der Ort, an dem Antiquare ihre Erfahrungen, Ideen, Sorgen und Erwartungen gemeinsam artikulieren. Und er sollte eine Interessenvertretung sein, d.h. die Themen, die für unsere Arbeit wichtig sind, mit denen diskutieren, die die rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für unsere Arbeit schaffen.
Und nicht zuletzt sollte der Verband eine attraktive Messe als Schaufenster unserer Branche organisieren.
Warum engagierst Du Dich für den VDA?
Offizielle Antwort: Was könnte schöner sein als sich mit ausgesprochen netten Kollegen für den schönsten Beruf der Welt zu engagieren?
Inoffizieller Zusatz: Versuche mal, Markus eine Bitte abzuschlagen ….
Was ist das Positive und was das Negative an der ehrenamtlichen Arbeit für den Verband?
Positiv ist die sehr freundliche und effektive Zusammenarbeit insbesondere auch mit Norbert Munsch in der Geschäftsstelle und Angelika Elstner bei der ILAB.
Negativ ist an der ehrenamtlichen Arbeit nur die Tatsache, dass man ehrenamtlich den komplexen steuerlichen und rechtlichen Regelungen und Verordnungen, die uns das Leben schwermachen, nur wenig entgegensetzen kann. Der VDA gehört eben nicht zu den großen Lobbyisten in Berlin.
Nach über zwei Jahren Zwangspause startet die Antiquariatsmesse im Juni nächsten Jahres neu. Wie stellst Du Dir den Neubeginn vor?
Neuer Ort, neuer Termin – das wird aufregend. Ich habe den Eindruck, dass sich Antiquare und Sammler sehr auf die persönliche Begegnung und das analoge Entdecken freuen. Und wir werden versuchen, mit einem attraktiven Rahmenprogramm viele neue Besucher anzulocken.
Warum sind so wenig Frauen im Verband und was glaubst Du, könnte der Grund dafür sein?
Das könnte daran liegen, dass Frauen keinen so großen Wert auf einen institutionellen Rahmen legen. Auch beim Sammeln scheint mir das der Fall zu sein.
Welches Buch sollte ein Antiquar unbedingt lesen bzw. gelesen haben?
Abseits der üblichen Verdächtigen (Printing & the Mind of Men, H.P.Kraus: A Rare Book Saga, E.Friedell: Kulturgeschichte der Neuzeit) vielleicht ein kleines Büchlein von Arlette Farge: Der Geschmack des Archivs. Wenn man Gerichtsakten des 18. Jahrhunderts so sinnlich beschreiben kann, wie viel mehr kann uns das bei Büchern und Autographen gelingen?
Was tust Du, wenn kein Buch in der Nähe ist?
Ich fürchte, ich gehöre zu denen, die immer ein Buch mit sich herumtragen.
ZUR PERSON
Studium der Philosophie, Soziologie und Politischen Theorie in Konstanz und Berlin. Als Antiquarin selbstständig seit 1986 in Berlin. Zunächst mit dem Schwerpunkt Staatswissenschaften. In den 1990er Jahren mit Ladengeschäft in der Winterfeldtstraße – gemeinsam mit Urban Zerfaß und Günter Linke. Seit etwa 20 Jahren spezialisiert auf Handschriften des 16. bis 20. Jahrhunderts (Reiseberichte, Rezeptbücher, Vorlesungsmitschriften, Tagebücher etc.) und Entwürfe (Architektur, Mode, Schmuck, Möbel etc.).
Antiquariat Elvira Tasbach
Kronberger Straße 20
14193 Berlin
Telefon: +49 30 / 824 22 89
Fax: +49 30 / 823 64 63
→ www.tasbach-rare-books.com
→ Antiquariat-Tasbach[at]t-online[dot]de
Geschäftsstelle: Norbert Munsch
Seeblick 1, 56459 Elbingen
Fon +49 (0)6435 909147
Fax +49 (0)6435 909148
E-Mail buch[at]antiquare[dot]de